Dienstag, Juni 07, 2005

Volks- und Betriebswirtschaftsle(e/h)re ?

Immer wieder findet sind in den Zeitungen und Nachrichtensendungen der Hinweis, dass ein Betrieb Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den sogenannten Vorruhestand schickt. Von humanen Stellenabbau und betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten ist die Rede.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten vielleicht auch noch eine Abfindung, und dann bis zum Renteneintrittsalter nur ein Teil ihres ursprünglichen Salärs.
Für den Betrieb eine saubere Sache. Die Menschen sind von den Kostenstellen verschwunden, das Unternehmen steht besser da. Wir angeblich effektiver und wirtschaftlich agiler; es wird vielleicht auch ein besserer Börsen- und Übernahmekandidat. Die Aktionäre freuen sich.

Schauen wir uns dieses Szenario aber mal von der volkswirtschaftlichen Seite an. Hier türmen sich die (auch betriebswirtschaftlichen) Nachteile.
  1. Die entlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdienen weniger Geld und sind deshalb - auch mit der z.T. großzügigen Abfindung - eher zum Sparen angeregt. Wer nicht weiß wie es mit der Rente und anderen regelmäßigen Einkommen steht spart sein Geld oder legt es langfristig sicher an.


      • Geld wird der (Konsum-)Wirtschaft entzogen

      • Einzelhandel und Warenhäuser machen weniger Umsatz

      • Dieses Umsatzminus führt dann wieder zu anderen Entlassungen, Kurzarbeit und Frühverrentungen.

  2. In gleicherweise müssen wir die Steuereinnahmen des Staates ansehen. Jede Frührentnerin und jeder Frührentner zahlt weniger oder gar keine Steuern. Dieses bedeutet ein Steuereinnahmeverlust für den Staat.
  3. Auch die sozialen Sicherungssysteme (Krankenkassen, Rentenkassen, Pflegekassen, und so weiter) erhalten weniger oder gar keine Beiträge. Die Lasten der dieser Systeme müssen auf immer weniger arbeitende Menschen verteilt werden. Schon jetzt zahlen etwa ein Drittel der Bevölkerung die Kosten für die restlichen zwei Drittel.
    • Dass dieser - immer mehr zahlende - Teil der Bevölkerung auch ihr / sein Geld zusammenhält, lässt sich kaum verübeln. Allerdings mit der Folge, das die Spirale immer geht, die Katze sich in den Schwanz beißt.
Es zeigt sich an diesen wenigen Beispielen, dass Entlassungen, Frühverrentungen, vielleicht gerade noch - kurzfristige! - Erfolge in betriebswirtschaftlicher Hinsicht darstellen. Aber volkswirtschaftliche Katastrophen sind. Besonders, wenn Menschen über 45 schon gar keine Möglichkeiten mehr haben, wieder in den ersten Arbeitsmarkt hineinzukommen.

Der Ausspruch "Armes Deutschland!" sollten wir in diesem Zusammenhang ernst nehmen. Denn wir werden immer ärmer. Weil die Industrie sich auf Kosten der Allgemeinheit saniert. Nur, dieses Allgemeinheit, meint immer nur die zahlende Allgemeinheit, eine immer kleiner werdende Minderheit in diesem Land. Die Soziale Marktwirtschaft, einst das Vorzeigemodell in Deutschland verliert auf Grund des von der Wirtschaft aufgekündigten Generationenvertrages, seinen Wert.

In großer Sorge, bereit zu diskutieren,

Adomnan

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